MUDCAFETERIA

Bebaute Fläche: 201 m2

4th Earth Architectural Competition: Abgabe Juni 2016

Partner Organisation: NKA Foundation

Beginn Projektorganisation: September 2016

Beginn Ausführungsplanung: April 2017

Baubeginn: 9. Juli 2017

Fertigstellung: 1. Oktober 2017

Baukosten: 19.000,-

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In einer Bauzeit von 12 Wochen haben wir mit weniger als 20.000€ unsere „MUDcafeteria“ erfolgreich fertig gestellt. Das Projekt wurde allein durch Spenden und mit Unterstützung von Sponsoren finanziert und mit Hilfe vieler internationaler Volunteers und lokaler Bewohner unter herausfordernden Bedingungen umgesetzt. Zum Einsatz kamen hauptsächlich lokale und nachhaltige Materialien, wichtigster Bestandteil war Stampflehm.

Der Bauplatz befindet sich in der ländlichen Gemeinde Sang, im bevölkerungsreichen Norden Ghanas, der in den letzten Jahren kaum vom wirtschaftlichen Aufschwung des Landes profitieren konnte. Diese Region verfügt über sehr wenig Infrastruktur und kämpft mit der Abwanderung der Jungen, die meist ohne Ausbildung, ihr Glück in den größeren Städten oder im Ausland suchen. Nun entsteht in Sang eine berufsausbildende Schule, die Jugendlichen ohne Schulabschluss die Möglichkeit bieten soll, einen handwerklichen Beruf zu erlernen. Die MUDcafeteria soll dabei nicht nur der Speisesaal, sondern auch das Zentrum der Schule und des sozialen Austauschs sein – nicht nur für die Schüler. Bei Bedarf soll das Gebäude auch von der Gemeinde für kleinere Events genutzt werden.

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DIE MUDcafeteria – EIN MODALERES SYSTEM

Unser Design basiert auf einem modularen System, das fortlaufend wiederholt werden kann. Die Module sind eigenständige Tragstrukturen, die eine schrittweise Erweiterung des Gebäudes erlauben. Dadurch könnte das Gebäude mit steigender Schülerzahl wachsen, ohne in die bestehenden Strukturen einzugreifen. Der Entwurf wurde soweit standardisiert, dass die Stampflehmwände mit nur 2 unterschiedlichen Schalungssystemen errichtet werden konnten. Die Achsabstände sind immer die gleichen, so dass auch für alle Baukörper der gleiche Stahlträger gefertigt werden konnte. Nur durch diese modulare, standardisierte Bauweise war es möglich in so kurzer Zeit mit einem sehr kleinen Budget und ungeschulten Arbeitern dieses Projekt fertigzustellen.

Das Gebäude umfasst 3 Baukörper: eine Küche, einen Mehrzweckraum und einen großen überdachten Außenbereich. Um das Gebäude wurden unterschiedliche Zonen geschaffen, von großen offenen bis zu eher privaten Rückzugsbereichen. Das weit auskragende Dach, die Sitznischen zwischen den tragenden Elementen, sowie der großzügige Bereich zwischen den beiden abgeschlossenen Baukörpern, bieten viele beschattete Flächen um zu essen, sich auszutauschen oder sich zurückzuziehen. An der dem Vorplatz zugewandten Seite wird der überdachte Außenbereich, „die Veranda“, durch eine Sockelzone eingefasst. Diese Kombination aus Sitz- und Pflanzenelement schafft Rückzugsnischen. Zwischen dem Dachabschluss und den Sitzelementen hängen Jalousien zur besseren Beschattung und Zonierung. Sie wurden aus dem restlichen Bauholz und im Ort produzierten Seilen gefertigt. Auch für alle weiteren Möbel wurde das übrige Bauholz recycelt.

Im großen Baukörper befindet sich der Mehrzweckraum, der vorerst auch als Klassenzimmer genützt werden soll. Im kleineren Raum befindet sich eine Theke mit einer Durchreiche zum mittleren Baukörper. Das Gebäude verfügt über innen- und außenliegende Beleuchtung und Steckdosen, was in Sang keineswegs zum Standard gehört.

Die Kochstelle befindet sich, wie in Sang üblich, im Freien, hinter dem Gebäude. In dieser Region wird üblicherweise mit Holzkohle gekocht. Wir haben mithilfe von Ecobricks ein Kochelement mit 2 traditionellen „Kochplatten“ und einem Ofen gebaut. Durch die so geschaffene Speichermasse kann der Kohlebedarf etwas eingedämmt werden. In einem 1400 Liter fassenden Wassertank wird das von den Dächern anfallende, Regenwasser gesammelt. Zwei daran angeschlossene Waschbecken versorgen die MUDcafeteria mit Wasser und sorgen für verbesserte hygienische Bedingungen.

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Mit nachhaltigen Materialien und durchdachter Planung zum idealen Raumklima

Mit konstant heißen Temperaturen während des Tages ist es nicht leicht, das Gebäude kühl zu halten, besonders, wenn man keine modernen technischen Mittel zur Verfügung hat.  Um ein angenehmes Raumklima zu schaffen, haben wir die Baukörper nach einem „Zweischalen-Prinzip“ geplant. Der äußere, den Baukörper umschließende, überdachte Bereich, schützt den inneren Bereich vor Regen und direkter Sonneneinstrahlung. Die Außenwände aus 45cm dickem Stampflehm (ohne Zement!) wirken als Hitzepuffer, die das Raumklima tagsüber stabilisieren. Der Lehm speichert Wärme, wirkt feuchtigkeitsregulierend und schalldämmend. Außerdem bindet er Schadstoffe aus der Luft und ist brandbeständig. Durch die verbindenden “Wind/Lichtmodule” wird das Gebäude, entsprechend alter Bautraditionen, natürlich belüftet und durch indirektes Tageslicht vor Überhitzung geschützt. Um den Effekt der natürlichen Kühlung zu verstärken, sind die Hauptachsen der Cafeteria quer zur vorherrschenden Hauptwindrichtung ausgerichtet.  Das Dach wurde, wie in diesen Regionen wegen der starken Regenfälle üblich, in Wellblech ausgeführt. Um die Lärmentwicklung während der Regenzeit zu reduzieren und um Überhitzung zu vermeiden, haben wir im Ort gefertigte Strohmatten als hinterlüftete Untersicht, abgehängt. Nach Fertigstellung des Gebäudes waren wir selbst überrascht, wie gut das Konzept funktioniert. Die Innenräume bleiben selbst an den heißesten Tagen angenehm kühl.

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Bauen in Ghana – die großen Herausforderungen

Eines unserer Projektziele war es, möglichst nachhaltig und kostengünstig zu bauen. Wir wollten die lokale Wirtschaft unterstützen und haben uns bewusst dafür entschieden, alles vor Ort zu besorgen und keinen Container mit europäischen Waren nach Ghana zu schicken. (Die Entscheidung haben wir jedoch getroffen, als unser Bauplatz noch „zentraler“ gelegen wäre.) Dies hat sich, vor allem in Sachen Werkzeug, als zu optimistisch herausgestellt. Tamale verfügt über keinen herkömmlichen Baumarkt. In diversen Straßen werden bei verschiedenen Straßenhändlern unterschiedliche Werkzeuge und Baumaterialien verkauft. Wir mussten also mit Tuk Tuks (in Tamale werden diese Autorikschas Yellow Yellow genannt) durch die ganze Stadt düsen und alles Nötige zusammensuchen. Der Großteil der, wenn überhaupt verfügbaren, elektrischen Werkzeuge sind „Ghana neu“, also neu verpacktes, im Westen ausrangiertes und kaum funktionsfähiges Werkzeug. Dies und die häufigen Stromausfälle, haben es uns ermöglicht, Produktionsenergie zu sparen und weitere Arbeitsplätze zu schaffen. So wurden auch alle Beton-Erd-Mischungen per Hand am Boden oder in der Schubkarre gemischt. Die Versorgung mit Wasser gestaltete sich ebenso schwierig. In der Nähe unseres Bauplatzes gab es zwar einen Wasseranschluss, jedoch war meistens kein Wasser verfügbar. Wir haben also einen Tank angemietet, den wir am Bauplatz aufgestellt haben um das Regenwasser zu sammeln. Wenn dieser leer war, mussten wir zu Fuß oder mit dem Motorking mit Kübeln zum nächstgelegenen Wasserloch um den Tank wieder zu füllen.

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Gerade bei diesen schweren körperlichen Arbeiten waren wir sehr froh über die Hilfe unserer lokalen Bauarbeiter. Anfangs haben wir 2-4, in der zweiten Workshop-Hälfte 4-6 bezahlte, lokale Arbeiter engagiert. Die Kommunikation gestaltete sich größten Teils sehr schwierig, da in dieser Region fast ausschließlich Dagbani gesprochen wird. Nur sehr wenige Leute sprechen ausreichend Englisch. Viele können einige Grundlagen und verleiteten uns immer wieder mit einem zuversichtlichen Lächeln und einem überzeugten „Yes I know“ dazu, zu glauben, dass sie uns wirklich verstanden haben. Nachdem wir uns jedoch nur kurz umgedreht hatten, wurden wir leider allzu oft vom kompletten Gegenteil überzeugt. Dadurch haben wir relativ schnell einige sehr hilfreiche Worte wie Stopp, es reicht, oder gut gemacht, auf Dagbani gelernt. Wir hatten bald unser Stammteam mit Yunus unserem Zimmerer und Abu, Joseph, Alhassan und Jakob, beisammen. Nachdem Alhassan und Jakob wieder zur Schule gingen, halfen uns Fatau und Yuschawu. Die Zusammenarbeit und die Kommunikation wurden immer besser. Die Arbeiter waren sehr fleißig, unglaublich kräftig, zuverlässig und ausdauernd. Ohne sie wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen und hätte auch nur halb so viel Spaß gemacht.

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Zusätzlich kamen immer wieder Leute aus dem Ort und haben für einige Stunden als Freiwillige mitgeholfen. Vor allem die unzähligen Kinder waren sehr neugierig und haben uns, wo es möglich war, geholfen. Wir wurden von insgesamt 31 Volunteers aus 8 Nationen unterstützt. Die Volunteers waren hauptsächlich Architekturstudenten die durch unsere Kooperation mit der Technischen Universität Wien, ECTS-Punkte für ihr Studium sammeln konnten.

Eine der größten Herausforderungen waren allerdings die schlechten hygienischen Bedingungen und die damit einhergehenden Krankheiten. Es gab nur wenige Tage an denen das ganze Team voll einsatzfähig war. Zu oft hatten wir mit Magen/Darmerkrankungen, Parasitenbefall und Malaria zu kämpfen, einige sogar noch Wochen nach ihrer Heimreise.

Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser vielen Herausforderungen war dieses Projekt für uns eine einzigartige, positive Erfahrung. Unser Ziel, in 12 Wochen ein dauerhaftes, nachhaltiges Schulgebäude mit weniger als 20.000€ zu errichten und zusätzlich den Menschen vor Ort und den freiwilligen Helfern traditionelle und nachhaltige Bauweisen wieder näher zu bringen, haben wir erreicht – und das Ergebnis lässt sich sehen :-).